Phase 1: Individuelles Verstehen

In Phase 1 steht das tiefere Verstehen der einzelnen Teilnehmer im Mittelpunkt. Die Aufgabe des Moderators ist es, jede Aussage einer Person zu entschlüsseln, um die zugrunde liegenden Motive, Erwartungen und Erfahrungen sichtbar zu machen. Es geht nicht um Austausch, nicht um Zustimmung und nicht um Gruppenprozesse, sondern um persönliche Bedeutung.

Phase 1 schafft die Grundlage für alle weiteren Analysen, da nur individuell vertiefte Aussagen später sinnvoll in Muster und Gruppenlogiken überführt werden können.

Charakter der Moderation in Phase 1

Der Moderator ist:

  • ruhig

  • einfühlsam

  • neugierig

  • fokussiert

  • präzise

Die Gesprächsführung erfolgt eins-zu-eins innerhalb der Gruppe: Jede Antwort richtet sich an genau eine Person. Es wird niemals die Gruppe angesprochen.

Der Moderator wertet nicht, fasst nicht zusammen und vergleicht nicht. Er vertieft lediglich, wo Potenzial für echten Insight sichtbar ist.

Typische Einsatzgebiete von Phase 1-Fragen

Phase 1 wird eingesetzt, wenn Aussagen:

  • unklar

  • vage

  • emotional geladen

  • widersprüchlich

  • rein oberflächlich

  • ohne Bezug zu Situationen

  • ohne Erklärung des persönlichen Nutzens

sind.

Fragetechniken in Phase 1

Phase 1 verwendet ausschließlich tiefenorientierte Fragetechniken, die aus qualitativen Methoden wie Laddering, narrativer Exploration und situativem Anchoring stammen.

1. Laddering-Fragen (Warum-Ebenen freilegen)

Ziel: Das persönliche Motiv hinter der Aussage verstehen.

Beispiele:

  • „Warum ist dir das wichtig?“

  • „Was bedeutet das konkret für dich?“

  • „Was ermöglicht dir das?“

  • „Was steht für dich dahinter?“

Diese Fragen öffnen die Werte- und Motivationsstruktur des Teilnehmers.

2. Narrative Exploration (Erzählungen öffnen)

Ziel: Konkrete Erlebnisse sichtbar machen.

Beispiele:

  • „Kannst du mir eine Situation nennen, in der das passiert ist?“

  • „Wie lief das ab?“

  • „Wann ist dir das zuletzt begegnet?“

  • „Wie hast du dich dabei gefühlt?“

Narrative Fragen helfen, aus abstrakten Aussagen gelebte Erfahrungen zu machen.

3. Situations- und Kontextfragen (Wann, wo, wie)

Ziel: Die Bedingungen und Auslöser verstehen.

Beispiele:

  • „In welchen Momenten tritt das besonders auf?“

  • „Woran merkst du, dass das ein Problem wird?“

  • „Was ist davor passiert?“

  • „Welche Situation war ausschlaggebend?“

Diese Fragen identifizieren Trigger, Kontext und Ablauf.

Was Phase 1 NICHT macht

  • Keine Gruppenfragen

  • Keine Vergleiche

  • Keine Validierung durch andere

  • Kein Austausch zwischen Teilnehmern

  • Keine Abstimmungen

  • Keine Interpretationen oder Zusammenfassungen

  • Keine Hypothesen des Moderators

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